




Motorradreisen USA
Buffalo Bills Wild West
Yellowstone & Black Hills
Wir gehen als Erste auf die Trail Ridge Road
Die Rangerin am Fall River Eingang zum Rocky Mountains Nationalpark hatte uns schon vorgewarnt. Die Chancen, dass die Trail Ridge Road, die 77 Kilometer lange Panoramastraße durch den Park heute noch geöffnet würde, stünden nicht gut. Die ganze Nacht über hatte es in den Bergen geschneit, die Passstraße müsse erst geräumt werden – und das könne dauern. Aber bis zum Aussichtspunkt vor der Schranke wäre der Weg frei. Gut, das ist ja immerhin etwas, zumal inzwischen auch die Sonne wieder scheint. Schließlich zählt die Trail Ridge Road nicht nur zu den schönsten Ausflugsstraßen in den USA, sie ist auch die höchstgelegene des Landes. Die Passhöhe liegt auf 3713 Meter, da bleibt einem nicht nur beim Anblick der mächtigen Rocky Mountains die Luft weg. Gut 25 kurvenreiche Kilometer sind es bis zur Many Parks Curve, dem großen Aussichtspunkt vor der Schranke. Die ist wirklich geschlossen, aber zahlreiche wartende Pkw und Wohnmobile zeugen davon, dass sich etwas tut.
Ein Park-Ranger sei hochgefahren, um die Strecke zu inspizieren. Also warten auch wir zunächst mal ab und genießen die herrliche Aussicht. Tatsächlich, wenig später kehrt der Ranger zurück und macht den Weg frei. Mit unseren Bikes sind wir ganz vorne dabei, gehen als Erste auf die Trail Ridge Road. Wir durchfahren Wälder mit Goldkiefern und Zedern, in höheren Lagen werden diese abgelöst von subalpinen Fichten. Ein Drittel des Parks liegt oberhalb der Baumgrenze mit Blumenteppichen, wie man sie nur aus der Arktis kennt. Auf der steilen Abfahrt haben wir dann auch noch das Glück, am Straßenrand eine Elchkuh mit Kalb zu sehen.
Obwohl auch der Yellowstone Park mitten in den Rocky Mountains liegt, präsentiert sich der älteste Landschaftspark der USA ganz anders. Kennzeichnend für diesen Park sind die Wasser und Dampf speienden Geysire, die heißen Quellen und die brodelnden Schlammteiche. Es faucht und brodelt rechts und links der Straße, das Midway Geysir Basin mit seinem Opal und Turquois Pool sind sicherlich die eindruckvollsten Quellen, der Old Faithful dagegen der bekannteste Geysir der Welt, zumal er auch in regelmäßigen Abständen – alle 72 Minuten – ausbricht. Bis zu 50 Meter hoch schießt die heiße Fontäne in den Himmel. Fast noch beeindruckender ist die nach Schwefel riechende Mondlandschaft von Mammoth Hot Springs. Direkt vor uns erstrahlen die weißen Kalkterrassen im Sonnenlicht und leuchten im Wettstreit mit den am Horizont aufragenden, schneebedeckten Rockies.
Das ist der Wilde Westen
Ein atemberaubender Anblick. Das gilt auch für die tonnenschweren Bisons, mit denen man sich nicht anlegen sollte. Sie bevölkern, nachdem sie fast ausgestorben waren, inzwischen wieder in großer Zahl den Park. So gemütlich und bedächtig sie auch aussehen, kommt man ihnen zu nahe, dann kann es gefährlich werden. Die mächtigen Tiere kümmern sich wenig um Straßen und Motorradfahrer darauf. Von Mammoth Hot Springs verlassen wir auf einer alpinen Gebirgsstraße den Yellowstone Park Richtung Osten. Am Washburn Hot Springs Overlook haben wir noch einmal einen fantastischen Blick über den Park, nördlich sehen wir den 3122 m hohen Mount Washburn, südlich die Red Mountains und in der Ferne sogar noch die Teton Gebirgskette, das Wahrzeichen des Grand Teton Nationalparks. Die nächsten 100 Kilometer geht es ständig leicht bergab. Mit jedem Meter steigen die Temperaturen. Vorbei am türkis leuchtenden Buffalo Bill Stausee erreichen wir schließlich Cody.
Das ist der Wilde Westen. Schon an der Stadtgrenze erkennen wir das große Rodeo- Gelände, wo fast täglich Wettbewerbe im Bullenreiten stattfinden. Im Zentrum fallen gleich die alten Gehsteige aus Holz auf mit ihren Vorrichtungen zum Anbinden der Pferde. Die Vierbeiner haben sich gegenüber Pickup und Harley zwar nicht behaupten können, aber die Einheimischen selbst laufen immer noch so herum, als wären sie alle kleine John Waynes – mit Jeans, Cowboyhut und Pistolengürtel. Alle treffen sich in der Bar des „Irma”. Das legendäre „Irma Hotel” wurde im Jahre 1902 von dem zu seiner Zeit vielleicht bekanntesten Amerikaner erbaut: William F. Cody, bekannter unter dem Namen Buffalo Bill. Zwanzig Jahre zuvor hatte der einstige Büffeljäger seine berühmte Western-Show „Buffalo Bill’s Wild West” gegründet, mit der er 30 Jahre durch die USA und Europa tourte und das Bild vom kriegerischen Indianer und heroischen US-Soldaten prägte.
Von Cody ist es nur eine knappe Tagesetappe zu dem Ort, der für Indianer und Weiße ein ganz besonderer ist, das Little Bighorn Battlefield. Es ist eine einsame Gegend mitten im Cheyenne Indianer Reservat, geprägt von schier endlosen, hügeligen Weideflächen. Lediglich am Horizont bildet die 4000 Meter hohe Beartooth Range mit dem an die Großglocknerstraße erinnernden Beartooth Pass eine fast unüberwindliche Barriere. Am Little Bighorn erlitt am 25. Juni 1876 die US-Armee unter General George A. Custer die größte militärische Niederlage in den Indianerkriegen Ende des 19. Jahrhunderts. Am höchsten Punkt des Geländes, am „Last Standing”, erinnert ein Gedenkstein an General Custer, umringt von den letzten Weggefährten. Erst seit 1991 wird offiziell auch der beteiligten Indianer gedacht, ein Denkmal aus drei Drahtgitterfiguren erinnert an die drei beteiligten Völker der Sioux, Cheyenne und Arapaho.
Die Bear Lodge Mountains bilden den Einstieg in die Black Hills
Weiter südlich, wieder zurück in Wyoming, ändert sich das Landschaftsbild schlagartig. Es wird bergiger. Die Bear Lodge Mountains bilden den Einstieg in die Black Hills. Urige Bikerkneipen wie die „Ponderose Bar & Cafe” im nahen Hulett laden allerdings zu einigen Unterbrechungen ein. Ohnehin befinden wir uns inzwischen nicht mehr nur auf heiligem Indianerboden, sondern mitten in Harley Heaven. Wie ein Magnet ziehen die Black Hills Biker an. Kein Wunder, denn das Gebiet zwischen Spearfish, Rapid City und Hot Springs bietet die wahrscheinlich schönsten Motorradstrecken in den USA. Herrliche Bergstraßen, kurvenreich, mit grandiosen Aussichten. Schon der Weg hinein in die „Schwarzen Hügel” durch den Spearfish Canyon ist ein Hochgenuss für Biker.
Es gibt sogar abenteuerliche Umwege wie über Rochford, ein winziger Ort im Nirgendwo, nur über eine gut zu befahrene Schotterpiste zu erreichen. 25 Einwohner signalisiert das Schild über der Rochford Mall, das kleinste Einkaufszentrum in South Dakota. Gleich gegenüber im Moonshine Gulch Saloon treffen wir auf Jeff. Er sitzt allein an der Bar, übt ein paar Griffe auf seiner Gitarre. Auf den ersten Blick wirkt er recht abweisend, doch als wir uns für seine Musik interessieren und feststellen, dass wir den gleichen Geschmack haben, lädt er uns ein, doch mitzuspielen. „Nimm dir eine Gitarre von der Wand”, meint er und stimmt gleich an. Die kleine Jam-Session fördert Klassiker wie „The Boxer”, „Like a Rolling Stone” und „Mr. Tambourine Man” hervor. Wir versprechen am Sonntag wiederzukommen, dann trifft sich der ganze Ort zum Musizieren. Jeder kann mitmachen.
Der Blick wird frei wird auf Mt. Rushmore
Im Zentrum der Black Hills liegt Hill City. Von hier bricht nicht nur der „1880 Train”, eine alte Dampflok, zu einer Rundtour durch die Black Hills auf, der Ort ist zentraler Ausgangspunkt für die zahlreichen Scenic Drives, die Ausflugsstraßen in die Umgebung. Der Needles Highway zählt dazu, er führt hinauf zu den sogenannten Needles, spitze Granitformationen, die wie Fahnenmaste in den Himmel ragen. Aufregend auf der Iron Mountain Road sind die drei 360-Grad-Kurven, eine mit dem bezeichnenden Namen „Pig Tail”. Kaum weniger beeindruckend sind die Tunneldurchfahrten, an deren Ende der Blick frei wird auf Mt. Rushmore.
Der Felsen mit den Köpfen der vier amerikanischen Präsidenten George Washington, Thomas Jefferson, Theodore Roosevelt und Abraham Lincoln ist wahrlich einmalig. Die einzigen, die das Nationaldenkmal nicht so toll finden, sind die Lakota-Indianer, für sie stellt die Skulptur eine Entweihung des für sie heiligen Mt. Rushmore dar. Vielleicht auch deshalb gibt es nur 14 Kilometer weiter südlich einen von den Sioux-Indianers initiierten Gegenentwurf, das Crazy Horse Memorial. Auf einer Tour durch die Black Hills darf man natürlich nicht an Sturgis, dem Mekka der Harley-Fahrer, vorbeifahren. Dabei kommt man durch die einstige Minen- und Western-Stadt Deadwood, heute wie damals eine Spielhölle mit jeder Menge Casinos, aber auch mit ein paar urigen Saloons wie beispielsweise der ”No10”. Der war früher die Stammkneipe von Wild Bill Hickok, einem der bekanntesten Revolverhelden im Wilden Westen. Hickok wurde am 2. August 1876 von Jack McCall im Saloon „No10” erschossen. Er starb beim Pokern mit einer Dame, zwei Assen und zwei Achten in der Hand, ein Blatt, das seitdem Dead Man’s Head genannt wird. Bill Hickoks Grab auf dem Mount Moriah Friedhof ist eine wahre Pilgerstätte. Auch weil gleich nebenan seine Geliebte, das „Flintenweib” Calamity Jane, begraben liegt. Von Deadwood sind es nur wenige Kilometer bis nach Sturgis am Rande der Black Hills. Außerhalb der Rally ist der Ort ernüchternd. Der Highway führt seitlich am Zentrum vorbei, viele Geschäfte sind geschlossen oder stehen kurz vor dem Verfall.
Man kann sich gar nicht vorstellen, was hier anlässlich der Sturgis Bike Week los ist. Ein paar Fassaden mit Biker-Malereien und ein T-Shirt-Geschäft, das bereits die Hemden für die nächste Rally verkauft, deuten an, dass wir nicht falsch sind. Immerhin gibt es ein nettes Motorcycle Museum und einen riesigen Harley-Dealer. Nachdem wir ein paar Sachen gekauft haben, stecken wir auch die ausliegenden Touring-Tips ein. Es zieht uns wieder auf die Straße, in die Badlands wollen wir noch und in den nahen Custer State Park mit seinen riesigen Büffelherden. Mit Bildern aus dem in den Black Hills gedrehten Western „Der mit dem Wolf tanzt” im Kopf satteln wir unsere Eisenpferde und reiten schließich nach Laramie, der Sonne entgegen.